Helmut Füller, Hamm 2009

… Thema mit Variationen: die klassische musikalische Werkidee tritt hier in Erscheinung. Das Thema: kreuzförmige Flächenteilung, Farben und Formen ruhender Parklandschaft; explodierende Kraftfelder, Überschneidungen, farbleere Flächen mit winzigen nach Form suchenden Lineaturen. „Was ist Realität ? Ein Meer, auf dessen Oberfläche wir fahren“, „Ich will hinter die Erscheinungen greifen“, sagt der Maler.

So entpuppen sich die „Landschaftsbilder“ als Deutungen des Betrachters, von denen sich zu lösen ihm aber nicht recht gelingen will. Wiederkehrende Elemente sind zweideutig: was im einen Bild als durchlöcherte Platte erscheint, zeigt sich im anderen als Scheibe mit Buckeln. Weite Bereiche entziehen sich der Abbildungsdeutung ganz. Sind die zeichnerischen Lineaturen Zeichen ? Spuren der Suche nach einem Ort, einer Form ?

Man kann die Arbeitsweise Pinkes einem abstrakten Surrealismus zuordnen. Expressiv auf den Betrachter zugehend, verweigern sie sich ihm wiederum in beunruhigender Weise. Im Sog der Linien zur Mitte wird Zeit spürbar. Das macht die Bilder versöhnlicher.

Pinke ist kein cool auftretender Provokateur. Eher glüht im Hintergrund ein sarkastischer Humor. Diese Bilder: als habe ein Götterkind ein wenig mit der Schöpfung gespielt und sie anschließend unordentlich zusammen gesetzt. Peng.

Gegenwartskunst: Die Götterkinder sind wir.


©2010 G. Pfützenreuter

Eddy Pinkes Bilder weisen strukturell zahlreiche Ähnlichkeiten mit modernen Musikstücken auf. Sie sind ähnlich abstrakt, abgehoben von unseren Alltagserfahrungen, ähnlich sperrig wie musikalische Improvisationen, sie sind immer wieder Variationen eigener Themen.

Bild für Bild versucht Eddy Pinke, unserem komplexen Innenleben ein wenig näher zu kommen. Ich sage bewusst, unserem komplexen Innenleben, denn Emotionen, innere Vorstellungen, Visionen, Wünsche, Ängste hat nicht nur Eddy Pinke sondern auch wir Betrachter, und in dem Augenblick, wo wir das realisieren, wird uns vielleicht klar, dass Eddy Pinke Dinge in uns be- oder angerührt hat, für die wir bisher noch keine ‚Bilder’ hatten. Es mag auch sein, dass der Funke nicht sofort überspringt, vielleicht braucht es etwas mehr Zeit, ein Über-denken, Wiederkommen oder ein Gespräch, um Gefallen und Zugang zu der Innen-Welt eines Eddy Pinke und uns selbst zu finden.

Aber in einem Punkte bin ich mir eigentlich sehr sicher: Diese Bilder werden Sie nicht unberührt lassen, das eine oder andere wird sich in Ihrem Kopf festsetzen, und wenn es auch nur ein sperriger Widerstand ist, dem Sie diesen bildgewordenen Innenansichten entgegensetzen. Äußern Sie ruhig Zustimmung oder Ablehnung, Bewunderung oder Unverständnis, das schadet weder Eddy Pinkes Arbeit noch diesen Bildern.


© Karl-Ulrich Peisker, 2012

Farbsymphonien in Malerei
Ausstellung Eddy Pinke im Torhaus Rombergpark, Dortmund
08.07.2012 um 11 Uhr
Auszüge aus der Eröffnungsrede

… Der Vergleich, die Farbanordnungen in seiner Malerei mit dem Begriff der „Symphonie“ zu bezeichnen, trifft in besonderer Weise zu. Sinfonisch bedeutet, dass alle Klänge, in diesem Fall die der Farben und Formen, in all ihren kontrastierenden Beziehungen zusammenklingen und damit ein harmonisches Ganzes entstehen lassen. Man könnte auch vom „ästhetischen Gestaltganzen“ sprechen.

Untersucht man die Farbformen, so stehen sie immer in einem Gestaltzusammenhang, d.h., sie transportieren Bedeutungen und ergeben im Strukturzusammenhang Sinn. Eddy Pinke verwendet ein ständig wiederkehrendes, mehr oder weniger auffallendes, ich nenne es einmal „Kompositionsprinzip“. Es ist eine Vierteilung des Leinwand- oder des Papierformates und manchmal scheint es mir, dass es sich um die Teilung im „Goldenen Schnitt“ handelt. Dieses Prinzip schafft „Ordnung“, es vermittelt gleichsam eine gewisse „harmonische“ Wirkung und es ist das erste Leitsystem, um in das Bild einzusteigen.

Die Gegensätze, die Kontraste formaler Art, wie z.B. der Formqualitätskontrast also „runde, weich wirkende Formen zu eckigen, scharfkantigen“ oder die „Konturschärfe der Formen zur Unschärfe“, oder abbildhafte Elemente zu nicht abbildhaften, wie aber auch farbliche Kontraste, lassen sich miteinander in Beziehung setzen lassen.

Gerade in den Farbbereichen erzielt er durch die Verteilung von Hell-Dunkel die Wirkung von Körperhaftigkeit, von Körperillusion. Die vier, manchmal auch zwei Felder auf der Fläche ermöglichen, dass sich von unten nach oben eine Tiefe für den Bildraum ergibt. Es zeigen sich Kontraste, wie die, die einer gemalten, realitätsnahen Form, Gleichgewichte mit skizzenhaft, also scheinbar flüchtigen, zeichnerischen Fixierungen entgegenstehen und zu Farb-Formen, die im Zusammenhang z.B. eine „Baumreihe“ oder den Torsi von Frauenkörpern darstellen, sexuelle Elemente assoziieren, also als Zeichen funktionieren.

Honoré de Balzac sagte einmal „Es ist nicht die Aufgabe der Kunst, die Natur zu kopieren, sondern sie auszudrücken“. Wenn ich hier von Zeichen spreche, dann meine ich ihre triadische Beziehung. Das bedeutet, dass die Farben der Bilder eine Form haben, die wiederum eine Bedeutung ergibt und diese dann auf mich, den Betrachter, eine Wirkung ausübt.

„Ich sehe nur das, was ich weiß, was ich kenne“ wusste schon Goethe zu sagen, d.h., dass Eddy Pinke mit Versatzstücken arbeitet, die so viel an Information vermitteln, dass ich in der Lage bin, durch „hineindeutendes Sehen“ Gestaltzusammenhänge zu erkennen. Solches „hineindeutendes“ oder auch „umdeutendes“ Sehen ist die Keimzelle der Kunst und des Schöpferischen überhaupt und offenbar besonders wichtig für die abendländische Kunst.

Während des Schaffes erst stellen sich Assoziationen, Anklänge an die Natur ein. Eddy Pinkes Kunst entsteht also im Dialog mit den von ihm gewählten Gestaltungsmitteln, aber sie vollendet sich erst, wenn wir, die Betrachter uns auf einen Dialog einlassen.